Samstag war
Würsteltag. Frankfurter mit Semmel und Senf. Gefühlt jeder zweite Samstag –
also fast immer – war es das Familienmahl meiner Kindheit am Abend. An vielen
anderen Samstagen gab es Schweineschwarte; vor allem dann, wenn der Nachbar
gerade wieder mal ein Schwein geschlachtet hatte.
Es war zu
jener Zeit, als ich VegetarierInnen nicht einmal vom Hörensagen kannte. Und
Senf traditionell nur zu Fleisch und Wurst gereicht wurde. Ketchup war bei uns
ein Luxusgut, das sich weder im Kühlschrank noch in der Speisekammer fand. Der
Mayonnaise erging es ähnlich. Sie fand keine Heimat im Haus meiner Eltern. Also
aßen wir die Würstel mit Estragon oder Kremser Senf. Zweiter war mir damals
schon nicht geheuer und ist es bis heute nicht. Daran sind nicht die vielen
Pünktchen im Senf Schuld. Es ist der süßliche Geschmack, der mich irritiert.
In Wien
wurde ich zur Vegetarierin. Doch was macht man mit Senf ohne Würstel; vor
allem, wenn man Tofuwürstel aus Prinzip verweigert? Und der Senf sich auf
gegrillten Tomaten oder Zucchini oder Tofu nicht sonderlich gut als Begleitung
macht? Nichts. Ihn einfach vom Speiseplan verbannen.
Bis ich bei
einer Freundin einen Salat aß, dessen Marinade mich über die Maßen faszinierte.
„Was ist da drin?“ – Sie sagte: „Salz, Pfeffer, Olivenöl, Balsamicosessig, ...“
Ich dachte: So weit, so bekannt. „...und Senf“, sagte sie weiter. „Aha.“ Und
damit war mein Lieblingsdressing geboren. Den Pfeffer ersetzte ich irgendwann
durch Galgant. Seither liegt immer eine Tube Estragon Senf im Kühlschrank. Der
lässt sich bei Heißhunger auf Würziges hervorragend naschen, falls sonst gerade
nichts zu Hause ist. Wahlweise mit oder ohne Brot, wovon eigentlich immer ein
Stück in der Brotlade liegt. Soviel zum Nutzen von Senf bei sich vegetarisch
ernährenden Menschen.
Hingegen
schienen Senf und bio lange ein Widerspruch zu sein. Und dann brachte „Ja,
natürlich“ einen im Glas auf den Markt. Den musste ich probieren: Auf einen
kleinen Espresso-Teller quetschte ich den Rest der Estragontube, auf einen
zweiten platzierte ich einen gegupften Löffel vom Biosenf. Ein Unterschied war
gleich sichtbar. Der Tubensenf wirkte weicher und flüssiger, der Biosenf etwas
fester.
Beim Kosten
war mir rasch klar, dass ich wohl kein Fan des Biosenfs werde. Viel zu süß. Und
die Konsistenz auf der Zunge erinnerte eher an Mayonnaiseaufstrich. Die Schärfe
ist nur angedeutet und verliert sich rasch völlig. Als ich die Liste der
Zutaten überflog, blieben meine Augen beim Zucker hängen. Wozu Zucker in einem
Senf? Das ist ja kein Ketchup. Ich fand heraus, dass auch im Estragon Zucker
drinnen ist – allerdings etwa nur die Hälfte der Menge im Vergleich zum
Biosenf. Noch gab ich nicht auf. Ich verwendete einen großzügig befüllten
Löffel für mein Salatdressing. Hier schmeckte ich fast keinen Unterschied.
Dennoch war das Dressing süßer als gewohnt.
Ich ließ
dann auch eine Freundin die Probe aufs Exempel machen. Nicht, weil ich meinem
Urteil nicht vertraue, sondern weil ich – wie auch in anderen Fällen – gerne
noch eine zweite Meinung habe. „Das riecht wie der Gurke-Ei-Aufstrich vom
unaussprechlichen Brötchenschmierer. Auch ihr fehlte die erwartete Schärfe eines
Estragonsenfs. „Wenn ich den zu Würsten esse, brauche ich noch Kren dazu“,
lautete ihr Kommentar. Mein Mann fand ihn zu fettig. „Der schmeckt wie eine
Mayonnaise.“ Auch ihm war er zu süß für einen Estragonsenf. Unser Fünfjähriger
verweigerte das Kosten – wie bei jedem anderen Senf und prinzipiell fast allem,
das wie Gemüse aussieht und schmeckt.
Mein Fazit:
Der Biosenf von „Ja, natürlich“ wird sich nicht in die Palette meiner
Lieblingsprodukte dieser Biolinie einreihen. Die mayonnaise-artige Konsistenz und
der viele Zucker sind nicht das, was ich mir von einem Senf erwarte. Schade,
denn eigentlich hatte mich auf einen Biosenf schon lang gefreut.