„Du, i waaß
da wos“, zählte zu einem der Lieblingssätze meines Opas und bedeutet übersetzt
für Nicht-WaldviertlerInnen: „Ich hätte da eine Aufgabe für dich.“ Diesen
verwendete er bevorzugt dann, wenn er gerade im Garten auf einem Bankerl unter
dem Tannenbaum saß. Dabei ging es ihm stets um eine an die Enkelkinder zu
delegierende Aufgabe rund um die Pflege der Pflanzen. Sei es Unkraut zu jäten,
Himbeeren zu pflücken und zuvor die dafür nötigen Gartengeräte aus dem Keller
zu holen. Manchmal drückte ich mich erfolgreich und verzog mich wieder nach
oben ins Wohnhaus. Ich las lieber ein Buch oder kritzelte vor mich hin, als
dieser mir eher sinnlos erscheinenden Tätigkeit nachzugehen.
Manchmal
jedoch blieb ich unten, auch weil ich unserer Mutter versprochen hatte, mit dem um
fünf Jahre jüngeren Bruder in den Garten zu gehen und dort zu bleiben. Ich
versuchte die Zeit zwischen Gemüse, Blumen, Ribiselstauden und Fichtenbäumen
stets möglichst kurz zu halten, auch wenn wir dort eine Sandkiste und Schaukel hatten.
Die Gefahr einer auszuführenden Gartenarbeit war mir stets zu groß. Als nicht
einmal Zehnjährige war ich wenig darauf erpicht, mir die Hände schmutzig zu
machen. Generell konnte ich der Arbeit mit Erde damals nur wenig bis gar nichts
abgewinnen. Auch wenn mir weder vor Regenwürmern noch Ameisen graute. Es war
der Dreck unter den Fingernägeln, der mir damals ein körperlich spürbares
Ungemach bereitete.
Und es war
eben dieser Bruder, der mir vor vier Jahren indirekt meinen ersten „eigenen“
Garten im elften Bezirk bescherte. Eine Freundin von ihm hatte damals ihre
Firma und Büro am Ende von Simmering gemietet und hinter dem Bürogebäude ein
fußballgroßes leer stehendes Feld. Der Vermieter ließ sie gewähren, als sie ihm
von ihren Plänen hinter dem Haus erzählte. Sie überließ mir ein riesiges Stück
Land, um es zu begrünen. Ich begnügte mich mit deutlich weniger, denn es war
eine seit Jahrzehnten nicht mehr bearbeitete „Gstettn“, auf der alles mögliche
wucherte. Die Erde ließ sich keineswegs sofort wenden und mit kleinen Samen
bestreuen.
Als erstes
mussten die Robinien entfernt werden, die die ganze Wiese beherrschten und so
undurchdringlich waren, wie auch die Dornenhecken bei Dornröschen gewesen sein
mussten. Dann kam das große Graben. Wahrscheinlich konnte mein Bruder meine
etwas unbeholfenen Versuche nicht länger mit ansehen und hob gemeinsam mit
meinem Mann die etwa 10 Quadratmeter Testfläche aus. Beim Umzäunen als Schutz
vor Nacktschnecken war ich wieder mit dabei. Mein erst eineinhalb Jahre alter
Sohn blieb in einiger Entfernung bei der Freundin, die ihr Feld bereits
umgegraben hatte und zog lieber mit dem Bobby-Car auf dem Parkplatz vor dem
Büro-Haus seine Runden. Wenige Stunden später betrachtete der Kleine mit dem
Onkel das geschaffene Meisterwerk der Urbarmachung vom angrenzenden Hügel aus.
Dieser
Garten existiert – im Gegensatz zu jenem meiner Kindheit – nur noch in der
Erinnerung. Länger als ein Jahr hielt meine grüne Ambition nicht an. Auch wenn
ich noch immer voller Stolz an die unzähligen übergroßen Zucchini denke, die
wir in jenem Sommer teils verschenkten, weil wir sie unmöglich alle selbst
essen konnten. Der Garten brachte noch ein weiteres Jahr lang Früchte hervor.
Dann übersiedelte das Büro und die einst bestellte Wiese blieb seither wieder brach.
Was mir blieb:
Die Sehnsucht nach selbst angebautem Gemüse. Mein Bruder wird im kommenden Frühling wohl wieder den Spaten in die Hand nehmen und die Erde rund ums neu bezogene Haus
in Ulrichskirchen umgraben, damit dort wieder ein Garten entsteht. Ich werde
mir wahrscheinlich wieder bei ihm den letzten nötigen Antrieb holen, um meinen
Traum vom eigenen Garten auch zu verwirklichen.