Als ich in
meinen Teenie-Jahren war, kamen gerade die Videorecorder auf den Markt; das war
sozusagen der damals letzte Schrei nach dem Farbfernseher. Und als
Unterhaltungselektronik verkaufendes Unternehmen kam diese Neuheit natürlich ins
Angebot des Expert-Händlers; sprich: meiner Familie. Mein Onkel wohnte damals
noch in der Mansarde meiner Großeltern. Und an den Samstagen, als das Geschäft
in Horn zu Mittag schloss, brachte er ein Vorführgerät und die neuesten nicht
verliehenen Videokassetten nach Hause. Die zu jener Zeit schon zur Institution
gewordene samstägliche Kaffeejause bei meiner Oma fand vor „Rocky 1 bis 3,“„Is
was, Doc“, „Mad Max“ oder „Indiana Jones“ und anderen Highlights aus dem
Mainstream-Kino der 1980er-Jahre statt. Die Marillenmarmelade rann uns durch
die Finger, wenn wir zu gebannt auf den Bildschirm starrten.
Als
18-Jährige durfte ich einen Monat in den Sommerferien im Betrieb meiner Familie
arbeiten. Die Videothek war mein bevorzugter Wirkungsbereich. Ich kannte die
Stammgäste und ihre Vorlieben. Etwa jenen Hauptschullehrer, der stets hinter
der verspiegelten Saloon-Tür in die verbotene Ecke mit den Erwachsenenfilmen
verschwand, für die ich gerade nicht mehr zu jung war. Jene, die kamen und nach
den neuesten Filmen verlangten und mit zehn Kassetten im Sackerl das Geschäft
wieder verließen. Und wieder andere, die unentschlossen vor den vielen Regalen
standen und sich nicht entscheiden konnten.
Aus
Marketing-Sicht lief das Match damals zwischen den Formaten VHS und Video 2000.
Bei uns wurden beide parallel geführt. Ich weiß nur, mein Papa hatte insgeheim
Video 2000 ob der besseren Bildqualität den Vorzug gegeben. Doch der Markt
entschied anders. Wer oder was am Niedergang des anderen Formats Schuld war,
entzieht sich heute meiner Kenntnis. Doch wenig wundert mich daher, dass ich
zumindest ein für die meisten Frauen eher unüblich hohes Interesse für die
Geräte der Unterhaltungselektronik hege. Auch wenn ich die Technik dahinter mir
nie in jener Intensität angesehen habe, um sie auch verstehen zu können.
Geschweige denn ein Gerät zerlegen und wieder zusammenbauen.
Was
geblieben ist: Die Liebe zu Filmen. Ich glaube, wirklich begonnen hat alles zu
Hause im Wohnzimmer mit „Ein ausgekochtes Schlitzohr“. Ein Film, den meine
Eltern auf VHS-Kassette aufgenommen hatten. Ich habe den Film gefühlte 1000 Mal
gesehen (in Wahrheit waren es wohl nur 100 Mal) und konnte die Dialoge von
Schneemann, Bandit und Carrie auswendig. Meine Eltern ließen uns gewähren. Auch
ließen sie sich beim Sonntagsessen ganze Filme von uns nacherzählen, die sie am
Vorabend verpasst hatten. Etwa „Don Camillo und Pepone“, während sie sich auf
einem Feuerwehrball oder Stadlfest die Füße wundtanzten.
Meine
Schwester und ich sahen eigentlich selten allein Videofilme. Meist waren die
Nachbarbuben dabei oder andere Freunde aus dem Dorf. Das Wohnzimmer meiner
Eltern war stets geöffnet und so wurde es Jahre später auch der bevorzugte
Spielort für die Gruselfilme rund um Freddie Krüger, „Tanz der Teufel“ oder
anderer Horrorschocker. Es glich einer Mutprobe, ob und wie lange ich auf den
Bildschirm schauen konnte; stets den Polster in Griffweite, um mein Gesicht
dahinter zu verstecken, wenn es ans Eingemachte ging. Die Mozartkugeln oder
Toffifee halfen nur bedingt, um die Nerven zu beruhigen oder etwas von der
Realität zu spüren.
Horrorfilme
sind für mich mittlerweile ein absolutes no go, zumindest seit Colins Geburt
vor bald fünf Jahren. Und ehrlich gesagt: Wie freudvoll ist es, Filme zu
schauen, bei denen ich den Großteil der Zeit eine Hand vor den Augen habe und
durch die Finger blinzle. So wie bei den beiden ersten Staffeln von „Supernatural“.
Heute
schaute ich mit dem Sohn „Drachenzähmen“ und später dann noch mit meinem Mann
„Mad Men“. Ob Colin sich einst auch an die Filme seiner Kindheit und Jugend
erinnern wird? So wie ich an die Jedi-Ritter aus der Star-Wars-Trilogie? Jenes
Weltraummärchen zu dem ich heute noch einen etwas verklärten Zugang habe. Und
wo ich bis zum Kinostart von „The Force awakens“ am 18. Dezember schon die
Stunden zähle.
Wie dem
auch sei: In unserer Privat-Videothek in der Wiener Landstraße herrscht ein
reges Kommen und Gehen. So nahm sich eine Freundin gestern einen meiner
all-time-Favourites „My Blueberry Nights“ und für ihre Tochter „Die Wächter von
Berk“ mit nach Hause. Und heute retournierte eine andere die vor mehreren
Jahren ausgeliehenen Filme, ohne dass wir auf eine „Strafzahlung“ wegen Zeitverzugs
bestanden hätten. Das wäre auch kontraproduktiv in unserer privaten
Verleihanstalt, deren geheime Aufgabe es ist, „guten Filmgeschmack“ zu
missionieren.
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