22.06.15

Bloggen für Liebster Award


Danke an MiSha für die Einladung, mich mit dem Bloggen und meiner eigenen Beziehung zum Schreiben im virtuellen Raum auseinanderzusetzen.


Eigentlich begann alles schon viel früher; als Bloggen noch nicht einmal in einem Zukunftsszenario existierte. Und ich habe viele Sciene-Fiction-Romane gelesen...

Im Waldviertel wuchs ich – dank des gelebten Wunsches meiner Eltern – mit hochdeutsch als Alltagssprache auf. Was oft für Verwunderung bei den Kindern im Dorf sorgte. Bis ich zumindest in deren Gegenwart Dialekt sprach (wenn ich auch nie das Original-Waldviertlerisch drauf hatte), mit meinen Eltern jedoch weiterhin an der gesprochenen Schriftsprache festhielt. Später sehr zum Amusement einer Freundin aus der Unterstufe, die mich auf diese Tatsache hinwies, die mir eigentlich so nie bewusst gewesen war. Ich hatte immer einfach geredet – mit der Familie so, mit den FreundInnen so.

Mein Deutschprofessor fand meine Sprache bzw. die geschriebenen Sätze dennoch mangelhaft und beurteilte manche (nicht alle) meiner Arbeiten mit „Nicht Genügend“. Auch wenn sich oft nur die Beistrichfehler in seinem roten Faden durch meine Texte bemerkbar machte. Ob das alles mit ein Grund war, von einer Karriere als Journalistin zu träumen? Oder ob „Lou Grant“ (eine TV-Serie aus den 1970er-/80er-Jahren) größere Schuld daran trug? Das Schreiben an sich faszinierte mich von Kind an...

Doch nun zu den elf Fragen, die mir als Blogstöckchen überreicht wurden:

Warum hast du mit dem Bloggen begonnen?
2010 – im Sommer – trennten sich meine Wege und die meines damaligen langjährigen Arbeitgebers. Gleichzeitig erfuhr ich von meiner Schwangerschaft. Und mir bangte etwas vor der Zeit mit dem bzw. der Begleitung durch das AMS für die nächsten Monate. Ich wollte eine Art Chronik der Arbeitslosigkeit führen und festhalten; eigene Erfahrungen gemischt mit Zahlen, Daten, Fakten. So begann ich im September 2010 zu schreiben.

Wer/was waren (Vor-)Bilder, die deinen Blog (mit-)geformt haben?
Eigentlich begann ich aus einem inneren Antrieb. Und dem folge ich immer noch. Manchmal will etwas gesagt und geschrieben werden; zumindest seit dem Sommer 2013, als ich meinen Blog nach einer längeren Pause wiederbelebte. Damals ließ mich der Tod unseres Nachbarn, der ein Jahr älter war als ich, nicht los. Doch hatte ich in dem Sinn kein bloggendes Vorbild. Und je länger ich schreibe, desto klarer wird mir, dass ich Geschichten erzählen mag. Insofern sind meine Vorbilder eher in der Literatur (short stories) zu finden, als auf einem Blog.
Halt: Einen Teil meiner Motivation holte ich mir von einer Freundin und Studienkollegin, die etwa zur gleichen Zeit zu bloggen begann – DYWYHSM (Sylvia Buchacher).

Wen möchtest du mit deinen Blogbeiträgen ansprechen?
Mein Mann sagt: „Den schreibst du eigentlich hauptsächlich für deine Familie.“ Kann sein. Sie habe ich meistens im Kopf, wenn ich mich hinsetze und meine handschriftlichen Texte in den Computer übertrage und anschließend hochlade.
Neben der Familie sind es Menschen, die sich mehr Gedanken machen wollen; rund um das Leben und seine Herausforderungen. Und solche, die Geschichten lieben: fiktive und tatsächlich passierte. In meinem Blog gibt es (noch) keine erfundenen Geschichten.

Was würdest du dir von „Blogbeziehungen“ versprechen?
Für meinen Blog habe ich darüber noch gar nie nachgedacht. Obwohl es sinnvoll wäre, nach ähnlichen Blogs im Web zu stöbern und mich zu vernetzen. Das könnte mein eigenes Schreiben sicher befruchten.

Wie reagieren eure Kunden auf eure persönlichen Meinungen?
Diese Frage kann ich nicht beantworten. Mein Blog ist rein privat. Und mein Businessblog liegt noch nicht mal in den Geburtswehen. Aber in Gedanken ist er schon bei mir. Langsam wächst er – derzeit noch im Verborgenen.

Inwiefern trennst du beim Bloggen privat, persönlich und Beruf?
Beruflich will und werde ich das Bloggen erst in ein paar Monaten nutzen. Mein Blog derzeit ist ein privater (s.o.). Allzu Persönliches spare ich dennoch aus. Wohl wissend, dass nicht jeder alles Gesagte und Getane von sich 1:1 nachlesen will.

Hast du eine bestimmte Taktik oder Bloggerstrategie?
Nein. Ich habe einfach zu schreiben begonnen. Und auch heute schreibe ich meist nur dann, wenn es mich zwischen den Fingern juckt; nicht aus einer strategischen Überlegung heraus – so à la: Ich werde entdeckt und darf mir meinen Mädchentraum der Journalistin erfüllen. (Was mich an meine erste Vorlesung bei Prof. Langenbucher im Audi Max der Wiener Uni erinnert: „Wenn Sie glauben, Sie machen hier eine Ausbildung zum Journalisten, sind sie falsch!“. – Ich blieb dennoch sitzen.)
Ich weiß, dass mir etwas Strategie nicht schaden würde. Danke fürs dran Erinnern.

Gibt es Fehler, die zu wiederholen du unbedingt vermeidest?
Bis auf die fehlende Strategie J? Aktuell bin ich mir keines „Fehlers“ bewusst. Prinzipiell versuche ich im Leben, einmal begangene Fehler zu vermeiden. Denn letztendlich zeigen sie dir ja, dass es einen anderen oft besseren Weg zum Ziel gibt.
Falls ich einen Schreibfehler gemacht habe, freu ich mich über sachdienliche Hinweise anderer BloggerInnen.
Ich hoffe, es war kein Fehler, manchmal über meinen Sohn zu schreiben und ihn hin und wieder zu zitieren. Wer weiß, was er im Alter von 18 Jahren drüber denken wird, sollte er seine Worte und Taten irgendwo in einem alten Datenspeicher ausgraben.

Inwiefern trägst du mit dem Bloggen zu mehr Bewusstheit bei?
Gute Frage. In manchen Beiträgen thematisiere ich schon etwas aus dem Umweltschutz, der Ernährung, des Lebensstils generell. Doch streife ich diese Themen nur, ohne konkret zu werden oder Handlungsanleitungen an meine LeserInnen zu geben. Ich lasse sie beim Lesen im Bereich ihrer Möglichkeiten, rege bestenfalls das Denken an, um ihre eigenen Schlüsse zu ziehen.
Bewusstheit im spirituellen Sinn – das thematisiere ich in diesem Blog nicht. Vielleicht mal in einem anderen...

Was können Unternehmen vom Bloggen und Bloggern lernen?
Ich denke, dass es für viele Unternehmen gut wäre, selbst zu bloggen. So wissen ihre KundInnen, was sie tun, wie sie ticken. Erfahren (hoffentlich) sehr viel und Authentisches über die Unternehmensphilosophie aus erster Hand. Und das Unternehmen selbst profitiert, da eine Interaktion mit den (potenziellen) KundInnen möglich ist. Win-win für beide.
Der Haken an der Sache: Nicht jeder schreibt gerne. Und eine Liebe zum Schreiben ist in meinen Augen schon essenziell, um nicht nach wenigen Beiträgen wieder aufzugeben.

Was empfiehlst du absoluten BloganfängerInnen?
Wenn es euch zwischen den Fingern juckt, traut euch. Und informiert euch, wie ihr es schafft, LeserInnen zu finden und zu binden. Aber zu allererst: Werdet euch klar darüber, ob eure Blogs eher bildlastig sein sollen oder nicht (so wie z.B. meiner). Oder habt ihr Zeit und Lust und Wissen, auch mit Videos zu arbeiten etc.
Wahrscheinlich gibt es noch viel mehr zu sagen. Doch das sind die essenziellen Dinge, auf die zu achten ich teils vergessen habe.

Mich interessiert nun, wie Sylvia Buchacher (don't you wish you had some more), Sabrina Haupt (ich mache es anders), Bernhard Madlener (mad) und Wolfgang Tonninger (almblitz) ihr Bloggen sehen. Ihr könnt bis zu 11 weitere BloggerInnen nominieren, anschließend eure Fragen zu beantworten.
Ich freue mich auf eure Sicht der Dinge. Viel Spaß.

1. Warum bloggst du?
2. Machst du dir einen Redaktionsplan?
3. Wieviel Zeit brauchst du für einen Beitrag?
4. Wie bewirbst du deinen Blog?
5. Würdest du vom Bloggen leben wollen?
6. Hat das Bloggen für dich auch eine unangenehme Seite?
7. Wen willst du mit deinem Blog ansprechen?
8. Hast / hattest du ein BloggerInnen-Vorbild?
9. Musst du für deine Beiträge recherchieren oder schreibst du sie aus dem Bauch heraus?
10. Was war dein bisher schönstes Erlebnis als BloggerIn?
11. Was hat das Internet für dich am meisten verändert?

12.06.15

Die Putzfrau

An zwei auf einander folgenden Sommern (1988/89) wedelte ich in beiger Uniform durch das Horner Krankenhaus. Als Unternehmertochter und Maturantin erlebte ich erstmals den Unterschied von Mensch zu Mensch hautnah: Dass etwa in der Kantine ein Tisch dem Bodenpflegepersonal vorbehalten war. Ich erdreistete mich damals nichtsahnend, den Ärztetisch zu besetzen. Einmal. Nie wieder. Ich wurde unter vorgehaltener Hand gerügt. Fortan verzehrte ich lieber eine mitgebrachte Jause im Krankenhausgarten, als mich einem nicht gewinnbaren Kampf um einen Platz in der Kantine auszusetzen. Heute würde ich wohl sitzen bleiben. Nicht nur, weil ich mich aufgrund eines absolvierten Studiums „gleichberechtigt“ fühle, sondern weil ich eine derartige Hierarchie im Zusammenleben für hinterfragenswert halte.

Zu meinen Aufgaben als Putzfrau gehörte es, sämtliche Mistkübel zu leeren, Boden zu wischen, Tische zu reinigen, Fenster zu putzen – alles nach Plan und auch mal an den Wochenenden. Möglichst die Krankenschwestern nicht bei ihrer Kaffeepause zu stören. Sprich: unsichtbar zu bleiben. Achtzugeben, in der Dialyse-Station nicht von einer aus dem Mistsackerl hervorstechenden Nadel gepiekst zu werden. Denn ich war – im Gegensatz zum Standardpersonal im Krankenhaus – nicht Hepatitis geimpft.

Ich erinnere mich noch an die Chirurgie I. Dort lagen hauptsächlich Männer mit ihren schwarz gewordenen Raucherbeinen, die sie an einem Gestänge über dem Bett baumeln ließen und so an die Luft hielten. Im letzten Zimmer der Station war auch eine Frau mit einem offenen Bein. Sie erzählte mir, dass eine Teppichfaser ihren Unterschenkel in eine offenes Geschwür verwandelt hatte. Die Schwestern hatten eine andere Geschichte: Sie trinkt zu viel!

Nie vergessen werde ich auch jenen Samstag Nachmittag, als ich gerade das Herrenklo auf jener Station reinigen wollte. Hinter einer versperrbaren Kabinentür lugte ein Männerfuß (in eindeutig liegender Position) unter der Tür hervor. Ich lief ins Schwesternzimmer, musste ihnen zeigen, wo genau ich den Mann gesehen hatte. Und dann kam ich nicht mehr raus. Mein Ausweg zum Gang war blockiert von Ärzten und Schwestern, die den Mann wiederbeleben wollten. Es blieb beim Wollen. Er wurde kurz darauf in einem der leer stehenden Krankenzimmer aufgebahrt. Jener Raum stand noch auf meiner Liste der zu putzenden Zimmer. Nach einem kurzen Blick auf den Toten schloss ich rasch die Tür wieder und blieb draußen. Den Staub von einem Tag würde das Zimmer verkraften.

„Wenn’s dir graust, dann sag es uns.“ Die lang dienenden Putzfrauen boten mir ihre Hilfe an, als sie erfuhren, dass ich zwei Wochen auf der Geburtenstation meinen Dienst tun würde. Sie schilderten mir Kreißsäle voll Blut und anderer Relikte auf den Fliesen. Letztendlich musste ich sie nie um Hilfe bitten. Es waren zwei geburtsschwache Wochen. Und so schlimm fand ich die Spuren neuen Lebens auch gar nicht.

In jener Zeit hörte ich erstmals von Multiorganversagen, Beinahe-Todesfällen durch FSME, traf alte Bekannte in Krankenbetten und lernte neue Menschen in der Cafeteria kennen.

Seither begegne ich allen Putzfrauen mit Achtung. In diesen vier Wochen pro Sommer schwitzte ich viel, war abends relativ müde, bekam Muskeln an den Armen und fühlte mich manchmal wie nach einem Langstreckenlauf.

Und mir wurde klar: Ich will so nicht mein Geld verdienen müssen; einerseits aufgrund der körperlichen Anstrengung und andererseits aufgrund der Respektlosigkeit mit der einer oft begegnet wird. Dennoch ist es für Frauen – meist mit Migrationshintergrund – oft die einzig mögliche Erwerbsquelle, auch wenn sie in ihrer Heimat ein Studium absolviert haben.