Gestern war
ich mit meinem vierjährigen Sohn in Ulrichskirchen. Mein Bruder ist dabei, sich
dort ein Haus zu kaufen. Meine Schwester ist vor fast genau zwei Jahren in
Cornwall im Eigenheim sesshaft geworden. Der jüngste Bruder lebt seit Geburt im
Haus unserer Eltern und wird dort auch bleiben. Nur ich bin noch immer eine
Miet-Nomadin. Und beginne seit dem Auftauchen meines Sohnes auf dieser Welt
darüber nachzudenken, ob mein bisheriges Lebenskonzept nicht doch zu wenig zukunftsorientiert
sein könnte. Wozu brauche ich Besitz? Den kann ich ja ohnehin einmal nicht
mitnehmen. Okay, auf meine Wand voller Bücher will ich dann doch nicht
verzichten. Doch wäre es keine so große Umwälzung, die bereits gelesenen Werke
jemand anders zu übergeben.
Neben
diesem Nicht-besitzen-wollen begleitet mich noch ein zweiter Grundsatz: Ich
will nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten. Nun hat mir die
Pensionsversicherung mittels wichtigem Schreiben zu verstehen gegeben, dass
dies für meine fernere Zukunft eine fahrlässige Herangehensweise sein könnte.
Bestraft wird man dafür, nicht Vollzeit gearbeitet zu haben mit einem Abzug von
2 % pro Jahr, auch wenn der Nettobetrag auf dem Gehaltszettel ein für mich
gutes Einkommen bedeutet hatte.
Macht es
Sinn, alle Werte, die mein Leben bisher bestimmten, über Bord zu werfen? Und
mich anstelle des Seins auf das Haben zu konzentrieren? Ich erinnere mich noch
an das 25-jährige Maturatreffen letzten November. Viele Audis und BMWs parkten
vor dem „mundart“ in Horn. Die dort in die Unterhaltung geworfenen ausbezahlten
Einfamilienhäuser und Grundstücke in Wiens Speckgürtel nagten kurz an meinem
Selbstbewusstsein. Wäre ich glücklicher, hätte ich den Berufsweg als Bankerin
eingeschlagen?
„Zwanghaftes Arbeiten allein würde die Menschen ebenso verrückt
machen wie absolutes Nichtstun. Erst durch die Kombination beider Komponenten
wird das Leben erträglich“, sagte Erich Fromm, dessen
Werk „Haben oder Sein“ ich mehr als einmal gelesen haben.
Wahrscheinlich
bin ich gerade deshalb (noch immer) auf der Suche nach meiner Berufung. Denn
arbeiten, bloß um Geld zu verdienen (egal, was man tut) ist für mich ein
Widerspruch. Arbeit darf (und muss eigentlich sogar) Spaß machen. Darum bin ich mit Mitte vierzig
so weit, mir meinen eigenen Arbeitsplatz zu kreieren. Der letzte Anstoß zu
diesem Schritt ist die am eigenen Wesen erfahrene Unvermittelbarkeit für einen
„regulären“ Job mit 44+.
So darf ich
so sein, wie ich will. Und werde je nach geleistetem Aufwand zu einem Haben
finden. Bestenfalls tue ich etwas, das sich auch mit 65+ noch „anstrengungslos“
schaffen lässt, um gegebenenfalls das magere Pensionskonto aufzufetten. Denn
das Sein allein ernährt mich nicht.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich die Früchte dieser Entscheidungen als einer der ersten auskosten werde ;)
AntwortenLöschenDurchaus möglich :).
AntwortenLöschenSehr schöne Gedanken! Und ich bin sehr wohl davon überzeugt, dass uns das "ganz ICH selbst Sein" nährt :-) weil überall dort, wo wir in unserer Freude und Begeisterung sind, auch das Geld zuströmt... und ich freue mich jetzt schon für dich, wenn sich genau das für dich auftut, Manuela
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