21.01.15

Die Qual der Wahl


Am Sonntag wählen die NiederösterreicherInnen ihre Bürgermeister (ja, es werden wohl wieder hauptsächlich Männer sein) und GemeinderätInnen neu. Ich darf auch wählen. Als so genannte Zweitwohnsitzerin habe ich dank Landesvater Pröll die Chance und Macht, ein wenig Einfluss auf ein vermeintlich sicheres Ergebnis zu nehmen.

Gestern bekam ich dafür gleich drei Goodies:
1) eine Wahlkarte,
2) eine NÖ-Wahl-Zeitung featuring Erwin Pröll und
3) eine Broschüre der Marktgemeinde Pölla, in der ich aufgewachsen bin.

Bei letzterer prangt ganz vorne am Cover der Kandidat zum Bürgermeisteramt. Ich kenne ihn von Kindesbeinen an. Einmal saß er gemeinsam mit dem Nachbar-Buben auf einem Baum. Die beiden warfen faulige Zwetschken in unseren Garten, wo meine Schwester und ich gerade schaukelten. Von den Gesichtern für den neuen Gemeinderat kenne ich mehr als die Hälfte: eine Volksschul-Kollegin, viele Landwirte, eine Physiotherapeutin und noch andere, die sich bereits die letzten Jahre um das Wohl meiner Ex-Heimatgemeinde gekümmert haben. Ich könnte entweder meinem Papa (als Obmann des Seniorenbundes) oder meinem Onkel eine Vorzugsstimme geben.

Nein, keiner von beiden kandidiert für die Grünen. Die stehen in der Gemeinde nicht mal auf dem Wahlzettel. Die Auswahl beschränkt sich auf schwarz, rot und blau. Was bleibt da an Möglichkeiten, um von meinem Stimmrecht Gebrauch zu machen? Nicht-Wählen ist keine Lösung. Als Grüne schwarz zu wählen, wäre ein Sprung über den Schatten. Und wie meine Freundin Sybille schon in den 1990er-Jahren von mir zu hören bekam, als wir uns die Nächte nach dem Politikwissenschaft-Tutorium im Zwillingsgwölb um die Ohren schlugen: „Rot kommt für mich nie in Frage!“ – Zu meiner Verteidigung ist zu sagen, dass diese Abende schon jahrzehntelang zurückliegen und ich aufgrund meines Jobs rund um diese Streitgespräche geistig manchmal schon eher im Traumland denn in der Polit-Diskurs-Welt weilte. Und über die Option Blau will ich nicht diskutieren. Die vierte Variante wäre, einfach den Stimmzettel ohne Kreuz und Vorzugsstimme ins Kuvert zu stecken.

Überlegenswert in Erinnerung an die Zeit der fliegenden Zwetschken ist ein Einser-Kastl von Daniel Glattauer, der meinen Heimatort als Domizil wählte: Der damalige Vize und heutige Bürgermeisterkandidat war ihm so sympathisch, als er einst wahlwerbend an seine Tür klopfte. So schrieb er sogar öffentlich in einer Zeitung, dass er ihm sicher seine Stimme geben werde.

Was mir heute noch bleibt: die Qual der Wahl. Denn spätestens morgen sollte die Wahlkarte wieder unterwegs retour ins Waldviertel sein.

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