Am
gestrigen Sonntag Abend bestand unser Sohn auf ein lieb gewonnenes Ritual: Wir
schauten gemeinsam vor dem Einschlafen Youtube. Dort baut der Brick-Builder unter
Musikbegleitung und ohne gesprochene Worte Lego-Bausätze zusammen. Ein Teil fügt
sich fast nahtlos in den anderen. Die Kinderaugen unseres Lego-Fans schauten
gebannt auf das Display des Handys. Die heutige Musik sagte ihm nicht
sonderlich zu, mich beamten einige Sequenzen zurück in die 1990er-Jahre: zum
Fünf-Uhr-Tee ins Xanadu.
Vor mehr
als zwanzig Jahren kehrte ich um jene Tageszeit, zu der ich gestern diese
Zeilen schrieb, von der Disco in Horn ins Elternhaus zurück. Zwischen fünf und
sieben gab es zwei Getränke zum Preis von einem. Manchmal standen vier Cola-Rot
an meinem Platz an der Bar; oft auch unbeaufsichtigt. Es gab keine Angst vor
k.o.-Tropfen in einem stehen gelassenen Getränk. Heute würde ich weder meinen
Orangensaft herrinnenlos stehen lassen noch einen Rotwein mit Cola verpanschen.
Die Zeit von sieben bis kurz vor neun verbrachte ich meist auf der Tanzfläche;
selten beim Wuzler im „Extrastüberl“ des Xanadus. Und an sommerlichen Tagen oft
im Gastgarten vom Hutececk, der noch heute zu Fuße der Rosenburg liegt und
damals für seine Bierwürstl bekannt war.
Um neun
musste ich zu Hause sein und den von unserem Papa einmal so titulierten
„Matratzenhorchdienst“ antreten. Sprich: Unausgeschlafen am Montag in die Hak
zu torkeln, kam nicht in Frage. Um dem Folge zu leisten, bedurfte es eines – jetzt
im Nachhinein feststellbaren – organisatorischen Aufwands: Wie komme ich ins
Xu? Und wie rechtzeitig wieder nach Hause? Tatsächlich fand sich immer ein Weg oder
anders gesagt: eine Mitfahrgelegenheit in einem Auto. Mit dem Lover einer
Freundin oder dem der Schwester oder einem mir bekannten jungen Mann, der noch
Platz hatte und in die gleiche Richtung fuhr. So dünn besiedelt, wie es immer
heißt, war das Waldviertel in meiner Jugendzeit scheinbar gar nicht.
Und manche
Gepflogenheit aus jenen Tagen habe ich in mein heutiges Leben mitgenommen: Das
Organisieren von Mitfahrgelegenheiten ist für mich als aus ökologischen Gründen
nicht Auto fahrende Frau immer noch ein Thema. Hingegen habe ich dem
Alkoholgenuss abgeschworen; zumindest diesen angeblich Eisennägel zersetzenden
Mischgetränken, die wir uns damals zu viert (zwei Freundinnen, meine Schwester
und ich) durch die Kehle rinnen ließen.
In England,
wo meine Schwester seit 1999 lebt, verbindet man mit dem Fünf-Uhr-Tee eine
andere Tradition, als mit Alkohol gefüllte Gläser an der Bar zu einem
günstigeren Preis zu ordern. Langsam komme ich in das Alter, in dem ich
sonntags um fünf lieber an meinem Roiboos-Tee nippe, als mir den Kopf darüber
zu zerbrechen, ob ich am Abend mit meinem Mann ins Kino gehe. Wobei spontane
Kinoausflüge dank vierjährigem Sohn ohnehin relativ unmachbar sind.
Und mit der
eigenen in wenigen Jahren wieder gewonnenen Freiheit in der Zeit rücken
zugleich jene Tage näher, an denen der heute noch Kleine sich am Sonntag
verabschiedet und hoch und heilig verspricht, rechtzeitig wieder zu Hause zu
sein. Was er unterwegs dann tut, will ich gar nicht so genau wissen. Meine
Eltern haben uns auch nie gefragt. Und meine Phantasie wird ohnehin mit mir
durchgehen.
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