26.07.15

Wein, Kaffee und Geschäfte


„Beim Reden kommen die Leute zusammen“ ist so ein gängiger Spruch, der immer wieder durch meinen Kopf geistert. Bei meinem Opa hörte er sich in etwa so an: „Beim Reden kumman d’Leid z’saum“.

Die Erinnerung an ihn ist über die Jahre verblasst. Ich konnte ihn noch erleben bis ich 25 war. Das ist schon zwanzig Jahre her. In den Sommern lagen meine Geschwister und ich dem pensionierten Elektriker und Geschäftsmann oft in den Ohren, er möge doch mit uns zum Teich nach Franzen fahren, damit wir dort schwimmen und Freunde treffen konnten. Der Ort ist etwa sieben Kilometer von meinem Heimatdorf entfernt. Oft ließ er sich von uns überreden. Wir setzten uns in den Fonds des gelben Renault 5 und verteilten uns gleichmäßig auf der grünen Sitzbank; ein spontaner Platzwechsel war damals noch jederzeit möglich.

Während wir uns im Wasser tummelten, blieb mein Opa im Auto sitzen. Wahrscheinlich schlief er. Wenn wir zur vereinbarten Zeit wieder zum Auto kamen und an die Scheibe klopften und einstiegen, reversierte er das Auto auf für meine Sicht abenteuerliche Weise zwischen Straße, Feldweg und Straßengraben. Wenn ich beim Autofenster hinaussah, wähnte ich mich in der nächsten Millisekunde im Abgrund. Entweder machte ich dann die Augen zu oder schaute stur in die andere Richtung. Meine Befürchtungen bewahrheiteten sich nie.

Ich erinnere mich auch an einen 24. Dezember, als er mit uns zu Fuß durch die verschneite Landschaft in einen anderen, näher gelegenen Nachbarort ging. Schließlich galt es, neugierige Kinderaugen vom Türschloss zum Wohnzimmer fernzuhalten. In Ramsau kehrten wir beim Hieß ein; ein Wirtshaus das seine besten Jahre bereits damals hinter sich hatte und heute nicht mehr existiert. Denn was unser Opa auch immer wieder betonte, war: „Bei einem Glas Wein im Gasthaus erfährst du mehr als bei einem Kübel Wasser zu Hause.“ – oder im O-Ton meines Opas: „Bei an Glasl Wein beim Wirtn erfohrst mehr ois bei am Kübe Wossa daham.“

Das kann auch mein Papa sicher bestätigen. Ihn führte der Heimweg vom Geschäft in Horn nach Neupölla immer an einem der Gasthöfe auf dem Weg vorbei. Sein Glasl Wein war eine Melange, nach deren Genuss er sich wieder ins Auto setzte und heimfuhr. Er kannte (und kennt noch heute) jeden Bürgermeister, Gewerbetreibenden und Landwirt in der näheren und weiteren Umgebung. Und sie kennen ihn ebenso.

Unternehmer sein bedeutet auch zu kommunizieren. Oft ist es nicht die Visitkarte oder der Webauftritt, der im Gedächtnis bleibt, sondern die persönliche Begegnung. Und meist sind es die bei einem Kaffee oder Wein gewechselten Worte, die einen Auftrag sichern. Eine Herausforderung für die EPUs (Ein-Personen-Unternehmen) von heute. Zu Hause in den eigenen vier Wänden lässt es sich als DienstleisterIn vielleicht ungestört und konzentriert arbeiten. Doch wer soll von einem erfahren? Auf die Optimierung für google allein will und werde ich mich nicht verlassen, um von potenziellen KundInnen entdeckt zu werden.

Im September darf ich die Mitgliedschaft im Impact Hub Vienna zum Schnupperpreis ausprobieren. Das ist einer von mittlerweile mehr als 25 Co-Working-Spaces in Wien. Denn schon rein prinzipiell ist allein zu arbeiten nicht mein Ding, selbst wenn ich für manche meiner Tätigkeiten Ruhe und Abgeschiedenheit brauche. Aber für diese Zeiten kann ich mich ja wieder in mein „home-office“ zurückziehen. Und sonst bin ich schon neugierig, möglicherweise Teil einer Community zu werden und Geschäfte bei einem Kaffee zu besprechen und mit einem Glasl Wein zu feiern.

2 Kommentare:

  1. Das sind sehr feine Bilder. Meine Worte würden wir folgt lauten "mit wem ich nicht gegessen habe, den kenne ich nicht" (und wer mich kennt, weiß weiter: mit dem arbeite ich auch nicht). Also finde ich gut, sich einem Co-Working-Space anzuschließen und sich heute schon auf wunderbare Geschichten und Begegnungen zu freuen. Danke wie immer fürs Teilen der LebensGeschichten, Manuela

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  2. Glücklich darf sich schätzen, wer in den Genuss deines Kochens kommt - in mehrfacher Hinsicht :).

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